Susan Grüner und Dirk Thiemez
Liebe Leserin, lieber Leser,
in der Arbeitsgemeinschaft Bielefelder Beschäftigungsinitiativen AGBI haben sich seit 1988 Gesellschaften und Vereine in Bielefeld zusammen geschlossen, die verschiedene berufliche Betätigungsfelder anbieten und ein gemeinsames Ziel verfolgen. In ihrem Selbstverständnis, in Satzungen und Verfassungen ist festgelegt, dass sie sich um Ausbildung, Qualifizierung, Beschäftigung und die Integration von Menschen ohne Arbeit und Erwerbseinkommen in das Arbeitsleben bemühen. Die heute ein Dutzend Mitgliedsorganisationen unseres lokalen Netzwerkes AGBI haben dabei vielfältige Erfahrung. Ihre jeweilige Gründung geht zurück auf Selbsthilfeinitiativen und Bürgerengagement für die Interessen von Menschen, die aus verschiedenen Gründen am Arbeitsmarkt benachteiligt oder gänzlich davon ausgeschlossen sind. Aus den Initiativen sind heute professionell arbeitende Maßnahmeträger und soziale Unternehmen geworden. Die Vielfalt unserer Angebote war eine notwendige Antwort auf Arbeitslosigkeit und Ausbildungsplatzmangel und bedeutet heute eine wichtige Stärke und Kompetenz der AGBI-Mitglieder. An ihrer Entwicklung haben engagierte BürgerInnen in Ehrenämtern sowie sozialpädagogische, handwerkliche und kaufmännische Fachkräfte als hauptamtliche MitarbeiterInnen mitgewirkt. Nicht zuletzt sind es unzählige TeilnehmerInnen in Maßnahmen gewesen, die durch ihren persönlichen Einsatz zur Weiterentwicklung der Projekte beigetragen haben. Notwendige Grundlage unserer Aktivitäten ist heute immer noch, berufliche Chancen für Erwerbslose zu verbessern und für ihre gesellschaftliche Beteiligung einzutreten.
Diese Internetseite soll Ihnen die Angebote der Vereine und Gesellschaften in der AGBI vorstellen: Gleich, ob Sie selbst ohne Arbeit sind, als FachkollegIn in einer sozialen Einrichtung oder Behörde arbeiten, sich sozialpolitisch engagieren oder GeschäftspartnerIn sind – wetten, dass Sie überrascht sein werden über das breite Leistungsspektrum in der AGBI? Wir versprechen uns von dieser Website, dass es Kontakte schafft und Zusammenarbeit herstellt. Und wir möchten Sie auch als Kundinnen und Kunden ansprechen, denn viele AGBI-Mitglieder haben hochwertige Angebote in Handwerk, Produktion, Dienstleistungen und Einzelhandel vorzuweisen – überzeugen Sie sich selbst.
Beschäftigungsinitiativen gelang es immer wieder, selbst Dauerarbeitsplätze für ehemals Arbeitslose zu schaffen. Und in großem Umfang wird hier trainiert, begleitet, geschult, ausgebildet und zumindest befristet beschäftigt. Die AGBI-Mitglieder halten heute in Bielefeld gemeinsam viele hundert Plätze für Menschen ohne Arbeit vor. Ziel ist, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren oder mindestens ihre persönliche Qualifikation und Lebenssituation erst einmal zu verbessern – z. B. unabhängiger von Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe zu werden. Durch die Maßnahmen wird der Qualifizierungsstand der TeilnehmerInnen aktualisiert und verbessert, was bei einem positiven Konjunkturverlauf Chancen für arbeitsuchende Menschen und Unternehmen hervorrufen kann. Unsere Angebote gelten für alle Menschen, die längerfristig vom Arbeitsmarkt ausgegrenzt sind – also ALG II- und Sozialhilfe-BezieherInnen, die ihre berufliche Kompetenz und Erfahrung erweitern wollen. Dazu gehören auch Menschen, die z. B. durch Behinderung oder andere Gründe sogar sehr weit vom Arbeitsmarkt entfernt sind.Wir erwarten von der Politik, Rahmenbedingungen für eine Vergabepraxis zu schaffen, welche die jahrelangen Erfahrungen, den individuellen Zuschnitt und den regionalen Bezug von Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen real berücksichtigt und nicht nur das „Preisdumping“ fördert. Wir glauben, dass die Ausschreibung von Maßnahmen für Menschen ohne Arbeit nach Kriterien wie Baumaßnahmen nicht angemessen ist.
Rahmen der AGBI
Rechtliche Grundlage unserer Maßnahmen sind das neue, Zweite Sozialgesetzbuch und die jeweiligen Förderprogramme des Bundes, Landes oder der EU. Unsere Partner bei den Maßnahmen sind die Arbeitplus gGmbH, die Stadt Bielefeld (REGE mbH), das Land NRW und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, die Bundesagentur für Arbeit sowie die EU (europäischer Sozialfonds), in deren Auftrag die Maßnahmen durchgeführt werden. Die AGBI ist Gesprächspartner, unter anderem für die Politik. Wir bringen unsere Erfahrung, Fachkompetenz und auch Streit-barkeit für die Belange der Betroffenen ein. An vielen Stellen arbeiten wir mit sozialpolitischen Organisationen, Bildungseinrichtungen, den Kirchen und Gewerkschaften zusammen. Innerhalb der Arbeitsgemeinschaft pflegen die Mitglieder seit Jahren einen offenen, kollegialen Austausch, der konstruktiv auch mit Konkurrenz untereinander umgeht. Wir behandeln regelmäßig fachliche Schwerpunktthemen und planen gemeinsame Aktivitäten. Der AGBI e. V. ist als gemeinnützig anerkannt. Seine Vorstandsmitglieder arbeiten ehrenamtlich.Weil wir die Arbeit in den Beschäftigungsinitiativen nicht nur durch knappe öffentliche Mittel, sondern viele Mitglieder sie auch mit eigenen Leistungen finanzieren, sind unsere Mitglieds-organisationen auch auf interessierte KundInnen und regel-mäßige Aufträge angewiesen. Hier richtet sich übrigens auch ein Appell an öffentliche und gemeinnützige Auftraggeber, unsere Arbeit durch bewusste Vergabe zu unterstützen.
Anspruch
In den verschiedenen Konzepten unserer Organisationen findet sich die Intention des Mottos „Fördern und Fordern“ seit langem. Wir wollen die Betroffenen nicht „betreuen“, sondern vor allem zu Eigeninitiative und Kompetenzerweiterung anregen. Dazu gehört das differenzierte Fordern der TeilnehmerInnen genauso wie eine Qualitätssicherung bei den Trägern. So stellen wir uns bewusst einer internen und externen Erfolgskontrolle der durchgeführten Maßnahmen. Für nachhaltigen Erfolg ist eine gewisse Dauer von Maßnahmen genauso unverzichtbar wie die Beschäftigung qualifizierten Personals mit angemessener Bezahlung. Dem entgegen stehen häufig Vorgaben durch die Politik und die neuen Gesetze, mit immer kürzeren und billigeren Maßnahmen immer höhere Vermittlungszahlen in den Arbeitsmarkt erzielen zu sollen. Benötigt wird eine ausreichende Grundlage, die den individuellen Unterstützungsbedarf decken kann. Dies gilt übrigens auch, wenn TeilnehmerInnen, die während einer Maßnahme einiges leisten, nicht als Arbeitnehmer beschäftigt werden und ihre wirtschaftliche Motivation aus einem kleinen Zuschuss herstellen müssen.
Diskussion
Solange es die AGBI gibt, setzen wir uns mit Vorurteilen gegenüber Menschen ohne Arbeit auseinander. Das Ansinnen, dass ein gesunder Mensch seinen Lebensunterhalt selbst verdienen soll, ist berechtigt – von den Menschen an die Gesellschaft, und auch von der Gesellschaft an die Menschen. Dies vertreten wir konsequent, auch gegenüber BewerberInnen und TeilnehmerInnen, wenn sie z. B. einmal wenig Eigeninitiative zeigen oder unrealistische Berufsvorstellungen haben. Wir wenden uns allerdings gegen Schuldzuweisungen, ausgrenzenden Druck und eine Minderung der sozialstaatlichen Absicherung von Menschen ohne Arbeit und Erwerbseinkommen. Die Unterstellung „wer Arbeit haben will, der findet auch welche“, ist heute unrealistischer denn je und muss von Betroffenen als zynisch empfunden werden. Im Gegenteil weisen aktuelle Ereignisse wie z. B. beim Allianz-Konzern darauf hin, dass Wachstum häufig Arbeitslosigkeit voraussetzt oder herrufen kann. Weder Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte noch die Masse der Betroffenen selbst können am strukturellen Ausmaß der Arbeitslosigkeit sehr viel ändern – trotz Anstrengung vieler Einzelner und vieler innovativer Projekte. Wir kritisieren eine Vorspiegelung der schnellen Machbarkeit in der Arbeitsmarktpolitik. Sie könnte durch die wirtschaftliche Entwicklung und die Wirklichkeit des Stellenmarktes schnell ad absurdum geführt werden. Wem wird man dann die Schuld zuweisen?
Um so mehr begrüßen wir Initiativen, neue Wege zu entwickeln und Akteure zu gemeinsamem Handeln zu motivieren. Sprechen Sie uns an, wir diskutieren gern über das Ziel, Chancen für Menschen ohne Arbeit zu verbessern. Oder haben Sie Ideen für neue Betätigungsfelder von Beschäftigungsinitiativen, könnten Sie vielleicht in Ihrem beruflichen Umfeld Praktikums-Möglichkeiten für unsere engagierten TeilnehmerInnen anbieten oder sogar gute MitarbeiterInnen einstellen, die bei uns qualifiziert wurden? Wenn Sie selbst erwerbslos sind: Geben Sie nicht auf, Ihre berufliche Qualifizierung zu betreiben – nehmen Sie Beratung in Anspruch!
Wir, die Mitglieder der AGBI in Bielefeld, wollen uns weiter um eine einfallsreiche und professionelle Fortführung unserer Arbeit bemühen, gute Partnerschaft mit allen Beteiligten pflegen, und wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen. Wir wünschen viel Spaß, häufigen Nutzen und einige „Aha-Erlebnisse“ bei der Lektüre dieser Internetseiten!
Für die AGBI, der Vorstand
Selcuk Icen, Dr. Markus Schäfer, Anke Schmidt – geschäftsführend,
Susan Grüner, Dirk Thieme